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Schulhaus

Mathias-von-Flurl-Schule / Staatliche Berufsschule II Straubing-Bogen

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Mathias-von-Flurl-Schule
Foto aus dem Jahr 1909
Mathias-von-Flurl-Schule
Foto aus dem Jubiläumsjahr 2009

Historie

JahrEreignis
1904Da die Räume des Gymnasiums im Karmelitenkloster Straubing nicht mehr ausreichen, fällt die Entscheidung für einen Neubau im Küchengarten des Karmelitenklosters am Stadtgraben.
1908Am 17. August erfolgt der erste Spatenstich.
1909Fertigstellung des Gebäudes zum neuen Schuljahr. Baukosten 461.574 Mark plus 38.201 Mark für die Einrichtung.
1939-1945Das Gebäude am - nunmehr - Adolf-Hitler-Ring 39 wird im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt.
1982Nach dem Neubau des Johannes-Turmair-Gymnasiums wird das Gebäude der Berufsschule angeschlossen.
1983-1986Umbau und Einzug erster Klassen. Am 1. August 1986 wird die Staatliche Berufsschule II Straubing-Bogen als Kaufmännische Berufsschule rechtlich selbständig.
1997Die Schule erhält den Namen Mathias-von-Flurl-Schule
2009Große 100-Jahr-Feier

Altehrwürdiges Haus mit zeitgenössischem Flair

Zum 100. Geburtstag eines besonders imposanten Schulgebäudes – zugleich ein bewegter Abschnitt Straubinger Schulgeschichte

Das ehemalige Gymnasialgebäude des Johannes-Turmair-Gymnasiums in Straubing und seit Mitte der 80er Jahre die Heimstätte der Kaufmännischen Berufsschule am Stadtgraben 39 gehört zu den besonders interessanten und noch erhaltenen Architekturen des vergangenen Jahrhunderts in unserer Stadt. Schon unmittelbar bei Baubeginn schreibt das Straubinger Tagblatt am 21. August 1908: „Das Ganze wirkt nicht überladen, sondern in schöner Einfachheit gehalten und kommt trotzdem zu imposanter Wirkung.“ Ist es nicht bewundernswert, was um die Jahrhundertwende mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln geschaffen wurde? Noch erstaunlicher ist, dass das Gebäude nach 100 Jahren noch immer seinen ureigenen altehrwürdigen Flair im Inneren wie im Äußeren vermittelt, aber andererseits trotz rasanter technischer Entwicklungen im Bau und in der Ausstattung mit modernen Schulhäusern durchaus mithalten kann. Diese Symbiose aus erhaltenswerter Architektur und moderner Nutzungsart hier vorzustellen, ist für den Verfasser zum Jubiläum Anlass genug, zumal er zunächst als Schüler des Johannes-Turmair-Gymnasiums und dann als Lehrer bzw. Schulleiter der Berufsschule genau 40 Jahre der Geschichte des Gebäudes er- bzw. miterleben durfte.

Baubeginn 1908 nach erfolgtem Grundstückserwerb

Ein Tauschgeschäft zwischen Vertretern des Königlich bayerischen Staatsärars und den Verantwortlichen des Karmeliterklosters ließ das Grundstück vom Kloster damals als Küchen-Garten genutzt am 28.06.1904 auf den neuen Eigentümer übergehen. Der Staat verpflichtete sich insbesondere dazu, sein Eigentum am Klostergebäude und der Klosterkirche bewirkt durch die Säkularisation zurückzugeben und zusätzlich 30.000 Mark zu entrichten. Da auch schon in jener Zeit die Mittel nicht immer so reichlich flossen, konnte allerdings erst am 17. August 1908 mit dem ersten Spatenstich begonnen werden. Nach dem Abriss von alten Kloster-Gebäuden stand somit eine Grundstücksfläche von insgesamt 1,99 Tagwerk zum Neubau des Turmair Gymnasiums in Straubing zur Verfügung. In rasanter Geschwindigkeit konnte der Baufortschritt vorangetrieben werden, so dass bereits nach nur 13 Monaten noch rechtzeitig zu Beginn des Schuljahres 1909/10 der Schulbetrieb im neuen Gebäude am 18. September 1909 aufgenommen wurde. Mit einem Kostenaufwand von 499.776 Mark wurde so der Raumnot des Turmair Gymnasiums durch den stattlichen Neubau zunächst ein Ende gesetzt. Die Einweihungsfeierlichkeiten sollten gerade für diese geschichtlichen Epochen noch einen letzten Höhepunkt bringen, bevor alles ganz anders kam. Da Restarbeiten und die Fertigstellung der Turnhalle zugleich als Versammlungs- und Festsaal gedacht bis zum Frühjahr 1910 dauerten, gab Königliche Hoheit Prinz Ludwig von Bayern den Straubingern höchstpersönlich die Ehre und wohnte der Einweihung am 1. Juni 1910 bei. Für die interessierte Öffentlichkeit soll daher 100 Jahre später im Frühsommer 2010 die Möglichkeit zur Besichtigung gegeben werden. Diejenigen, die 100 Jahre später Interesse am Gebäude bekunden, erhalten im Frühsommer 2010 die offizielle Gelegenheit zur Besichtigung und Führung.

Damals ansehnlichster Schulbau in ganz Bayern

Das Schulhausgebäude, so wie es nicht nur die Straubinger heute im 21. Jahrhundert kennen und schätzen, besitzt sowohl im Inneren wie auch im Äußeren ein stattliches und respektables Erscheinungsbild mit einem starken Hang zur harmonischen Ausgewogenheit. Viele Neuerungen in der damaligen Zeit wie z.B. fließendes Wasser, elektrische Uhren, Einbauschränke, helle Klassenzimmer werden heutzutage als selbstverständlich vorausgesetzt. So sind viele besondere Begebenheiten im Gebäude selbst nach wie vor erhalten und daher erwähnenswert, sie lassen durch die damalige handwerkliche Kunst und durch die ebenso besondere Gabe in der stilvollen Gestaltung von Details das Innere des Gebäudes noch heute äußerst ansehnlich wirken. Hierzu seien beispielhaft ganz besonders die Einbauschränke im Lehrerzimmer und im Sekretariat oder das Läutwerk im 2. Obergeschoss genannt, aber genau so anmutend wirken sowohl die in den Treppengeländern eingelassenen Tombakfüllungen mit Figuren aus Mythologie, Märchen, Sage und Geschichte bzw. Tierbildern und Arabesken wie auch die Pfeiler aus Bödenwöhrer Sandstein im Treppenhaus, welche mit einer deutlich erkennbaren Leichtigkeit die Scheingewölbedecken im Übergang zu den Decken der Gänge zu tragen scheinen. Alles in allem tritt dem Besucher ein Bild architektonischer Harmonie entgegen, welche genauso dem Betrachter von außen ebenso ins Auge springt. Das Hauptgebäude selbst – bewusst einige Meter hinter die eigentliche Bebauungslinie gestellt – wirkt imposant, wenn man auch zunächst bei Erstbetrachtung geneigt ist von einer vollkommenen Harmonie der Fensterordnung ausgehen zu können. Dadurch und durch weitere architektonische Kniffe z.B. das Zurücksetzen von Gebäudeteilen entlang des Stadtgrabens aber auch auf der Westseite jeweils mit einer Art Vorgarten geziert oder der kleine Vorbau an der Straßenfront mit 2 Schmiedeeisentoren erfährt das dennoch kolossale Gebäude mit einer Gesamtlänge von 79 Metern eine gewisse Lebendigkeit in der Betrachtung. Das Sandsteinportal mit der Darstellung der Medusa über dem Haupteingang sowie darüber das prächtige Ziffernblatt der Schuluhr in luftiger Höhe, wie auch die Einrahmungen von Fenstern, Türen sowie die Sockeln und Gesimse mit Einlassungen aus dem selben Sandstein, aber auch die kleinen Dachgauben, Kamine und Lüftungshauben runden das anmutende Erscheinungsbild des Gebäudes auf ganz harmonische Weise ab. Die etwas zurückversetzte Turnhalle steht dieser Harmonie in keiner Weise im Wege, sondern schmiegt sich einträchtig an das Hauptgebäude im Osten an. Wahrlich eine architektonische und handwerkliche Meisterleistung, welche uns so heute zur Nutzung und Betrachtung dient. Dennoch aber genauso auch ein Glücksfall, dass das Gebäude aufgrund seiner Nähe zum Bahnhof die unglücklicheren Zeiten der vergangenen 100 Jahre überstanden hat.

Das Schulgebäude in den Wirren der Weltkriege

Die Freude über das neu errichtete Gymnasialgebäude währte nicht lange. Zunächst forderten die Ereignisse des 1. Weltkrieges ihren Tribut. Während nicht nur Lehrkräfte sondern auch Schüler in den Krieg zogen bzw. ziehen mussten, wurden in der Turnhalle Soldaten einquartiert. Noch viel schlimmer kam es mit den Folgen des 2. Weltkrieges. Zahlreiche Schüler aber auch Lehrkräfte verloren ihr Leben, Ende 1944 zog ein Kriegslazarett in das Schulhaus ein, mehrere Bombenangriffe auf Straubing und seinen Bahnhof beschädigten gegen Kriegsende das Gebäude nicht unerheblich. Die Nutzung als Schulgebäude war nach Kriegsende erst im Januar 1948 wieder möglich, bis dahin war es beschlagnahmt. Erst im Anschluss war es dem Turmair Gymnasium über mehr als 30 Jahre gegönnt, das Schulgebäude als solches uneingeschränkt zu nutzen. Währenddessen schlossen sich anfänglich noch kriegsbedingte Instandsetzungen und dann weitere Renovierungsmaßnahmen an. Doch die steigenden Schülerzahlen in den 60er und 70er Jahren führten nach einer reiflichen Überlegungsphase 1982 zum Bezug des Neubaus am Peterswöhrd. Die Ära der humanistischen Gymnasialausbildung in diesem altehrwürdigen Hause ging damit für das traditionsreiche Turmair Gymnasium zu Ende.

Bildungsstätte für eine fundierte berufliche Erstausbildung

Für die Entwicklung der beruflichen Ausbildung in der Schulstadt Straubing war es ein ganz besonderer Glücksfall, dass unmittelbar im Zentrum der beruflichen Schulen ein Schulgebäude frei geworden ist. Die damals Verantwortlichen zeigten Entschlossenheit und Weitsicht, indem bereits im Herbst 1982 das Gelände des ehemaligen Turmair Gymnasiums der Fraunhofer-Berufsschule I angeschlossen wurde. Zügig ging man unter enger Zusammenarbeit zwischen Stadtbauamt, Regierung von Niederbayern und Schulleitung an die Planung umfangreicher Umbaumaßnahmen. Erklärtes Ziel aller Eingriffe z.B. Errichtung neuer Sanitäranlagen oder vorgeschriebener Fluchttreppenhäuser wie eines modernen Fahrstuhles war, den ursprünglichen Charakter des Gebäudes im Wesentlichen zu erhalten. So war es für den damaligen Schulleiter OStD a. D. Max Schrödinger eine Zweck- und Herzensangelegenheit zugleich, dieses Juwel an Schulgebäude mit Fingerspitzengefühl und Sachverstand zu restaurieren. Und es hat sich gelohnt. Traditionsreiche Baukultur und Anforderungen an einen zukunftsorientierten Berufsschulbetrieb fanden weitgehend vollkommenen Einklang, so dass nach insgesamt 3 Bauabschnitten und einem Kostenaufwand von 5,3 Mio. DM bereits gegen Ende 1984 Arzt- und Zahnarzthelferinnen sowie die Büroklassen Einzug fanden. Ab Sommer 1986 stand das komplett renovierte Gebäude mit Turnhalle dem Schulbetrieb uneingeschränkt zur Verfügung. Auch Volkshochschule und Bildstelle fanden somit wenn auch vorübergehend eine neue Heimat. So war es nicht verwunderlich, dass sich sowohl die Schüler der Berufsschule wie auch der angegliederten Kommunalen Berufsfachschule für Kaufmännische Assistenten und deren Lehrkräfte im neuen Gebäude von Anfang an wohl fühlten. Mit OStD a. D. Theodor Seethaler als dem ersten Schulleiter der ab 1. Februar 1987 selbstständigen Staatlichen Berufsschule II nahm die Entwicklung des beruflichen Schulwesens auch in unserem Gebäude einen rasanten Verlauf. Am 01.10.1997 erhielt die Kaufmännische Berufsschule den Beinamen Mathias-von-Flurl-Schule auch wegen des nahe gelegenen Geburtshauses dieser bedeutenden Straubinger Persönlichkeit verliehen. Währenddessen konnten zahlreiche überregionale Ausbildungsberufe gewonnen werden. Neue Lehrpläne und Lehrmethoden forderten zunehmend eine geänderte Raumorganisation. Dazu gehören heute neben modernen Klassenzimmern mit Internetanschluss, Beamer und entsprechender EDV-Ausstattung insgesamt 6 DV-Räume, ein Medienraum aber auch elektronische Tafeln. 2004 kam das Bildungsangebot der neu gegründeten Kommunalen Berufsfachschule für biologisch-technische Assistenten mit deren Angliederung an die Berufsschule dazu. Raumknappheit bei ca. 1700 Schülern ist auch heute wieder gegeben.

Wenn auch seit Mitte der 80er Jahre in den Mauern des ehemaligen humanistischen Gymnasiums die kaufmännischen Tugenden in der Ausbildung von jungen Menschen vorherrschend sind, so steht die „Humanitas“ als verbindendes Element in unserem Bildungsauftrag fest verankert. Möge auch die Aura dieses Schulgebäudes weiterhin dazu beitragen, dass sowohl unsere Schüler wie auch die Bediensteten unserer drei Schulen noch lange nach diesem humanistischen Geist leben und diesen ebenso selbst erfahren. Diese Aura zu spüren und zu erleben soll der interessierten Öffentlichkeit über Führungen möglich sein, wenn im Frühsommer 2010 passend zum Einweihungstermin des Gebäudes die feierliche Würdigung stattfinden wird.

Werner Kiese, OStD
Schulleiter

Quellen:
Programm des humanistischen Gymnasiums Straubing für das Schuljahr 1912/13, Gymnasialdirektor Karl Welzhofer und Baurat Andreas Reich;
„350 Jahre Humanistisches Gymnasium Straubing“, Straubinger Tagblatt vom 11.07.1981;
Festschrift zur „Übernahme des Gymnasialgebäudes durch die Berufsschule“ vom 30.06.1986, Fraunhofer-Berufsschule I mit BAS und Kommunale Berufsfachschule für Kaufmännische Assistenten, OStD a.D. Max Schrödinger;
Archiv der Staatlichen Berufsschule II, OStD a.D. Theodor Seethaler, StDin Silvia Obermeier-Fenzl;
Festschrift „100 Jahre Berufsschule Straubing“ vom 18.04.2008, StDin Silvia Obermeier-Fenzl, OStR Harald Dietlmeier u.a.;

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