Vorwort zum Projekt „Was Promis glauben“ von Dr. Ferdinand Herget
„Gibt es ein Leben nach dem Leben oder ist es das gewesen?“, „Wovon sollen wir träumen? Wo sind wir zu Haus?“: Warum sprechen diese Songs Jugendliche so an, dass diese Titel zu Hits werden? Offenbar sprechen sie junge Menschen an, weil sie nach dem Sinn des Lebens fragen: Heranwachsende wollen wissen, wohin ihre Reise geht. Diese Musik hilft ihnen dabei, ihre Fragen nach Ziel, Zweck und Ordnung des Lebens und der Welt zu formulieren.
Der Religionsunterricht ist der genuine Ort, diese Lebensfragen Jungendlicher aufzugreifen und in vernünftiger Weise mit ihnen nach Antworten zu suchen. Denn in der Frage nach Gott fließen alle Fragen nach dem Woher, Wohin, Wozu und Wie des Lebens zusammen. Das vernünftige Gespräch über Gott, den eigenen Glauben oder die eigene Weltanschauung ist für Jugendliche eine eigenständige Lernaufgabe: Sie suchen nach angemessenen Begriffen und Fragen, sie üben religiöse Sprache ein und sie lernen, über Gott und Religion mit anderen in den Dialog zu treten. Dabei müssen sie sich oft mit hemmenden äußeren Einflüssen auseinandersetzen:
- Religion gilt als nichtbeweisbare und daher unwissenschaftliche Behauptung, die das eigene Leben nicht tragen kann („Glaube heißt nichts wissen“).
- Religion wird auf ein bloßes Gefühl reduziert, über das nicht gesprochen, geschweige denn diskutiert werden kann („Für mich ist das eben so“).
- Religion gilt als Sammelbecken unterschiedlichster weltanschaulicher Versatzstücke, die man zu einem Patchwork zusammenfügen kann („Irgendwie haben ja alle recht“).
Damit gerät das Reden über Religion und Glaube schnell in den Ruch der Beliebigkeit und Irrationalität. Der Glaube mag dann das eigene Wohlbefinden fördern, fordert den Menschen aber nicht heraus, die Welt mit anderen Augen zu sehen.
Umso wichtiger ist es für Jugendliche zu entdecken, dass es für Menschen selbstverständlich ist, über ihren Glauben zu sprechen und sich zu ihm zu bekennen sowie dessen spezifische orientierende Funktion für das Leben zu erkennen. Die von Markus Kosian vorgelegte Sammlung von Gedanken Prominenter zu Gott, Religion und Kirche verdeutlicht schon durch ihren Umfang, dass vielen das Gespräch über ihren Glauben selbstverständlich ist. Religion ist, entgegen anderslautender Stimmen, für sie keine Privatsache. Sie ist es schon deshalb nicht, weil, das belegen viele Äußerungen der Prominenten, der Glaube ihr Denken und Handeln prägt – und damit auch das Zusammenleben im persönlichen, im beruflichen und im gesellschaftlichen Bereich.
Das religiöse Bekenntnis als Grundlage von Entscheidungen und Handlungen ist aus christlicher Sicht damit verbunden, begründet der Wahrheit des Geglaubten zuzustimmen (1 Petr 3,15). Die hier gesammelten Zeugnisse der Prominenten nennen vielfach die tragenden Gründe für ihre Überzeugungen und stellen sich der rationalen Diskussion. Jugendliche lernen daran, dass echter Glaube auch das Ergebnis vernünftiger Überlegung und Entscheidung ist und nicht auf blinder Unterwerfung oder irrationalen Behauptungen gründet.
Darüber hinaus trägt die hier vorgelegte Sammlung zur Bewältigung einer der wichtigen gesellschaftlichen Aufgaben in der Schule bei: Sie fördert und unterstützt den interreligiösen und interkulturellen Dialog zwischen Menschen unterschiedlicher Weltanschauungen. Der Raum der Schule wird zum Forum, um die Kompetenzen zum Dialog der Religionen, Kulturen und Weltanschauungen zu entdecken, zu vertiefen und einzuüben. Entwickeln der eigenen Sprachfähigkeit in diesem Dialog, Anerkenntnis der Vielfalt, Toleranz gegenüber Andersdenkenden, Achtung vor der Meinung anderer und achtsamer Umgang miteinander, Respekt vor der Würde des anderen und seiner Grundentscheidungen sind wesentliche Elemente der Schulkultur in einer pluralen Welt. Schülerinnen und Schüler müssen das als sinnvolle Basis des Zusammenlebens verstehen und einüben können, will die demokratische Gesellschaft ihre Grundsätze dauerhaft an die nachfolgenden Generationen weitergeben. Das reflektierte Einüben des Dialogs über Religionen und Weltanschauungen in der Schule sichert den gesellschaftlichen Frieden und Zusammenhalt und nicht das Verbannen und Ignorieren von Religion aus dem schulischen Raum. Glaube und Religion verschwinden nicht dadurch, dass man sie verschweigt. Sie werden dann allenfalls denen überlassen, die mit Parolen und Schlagworten in unzugänglichen Hinterzimmern einfache Antworten geben. Hier wird die unerlässliche und unersetzbare Aufgabe des Religionsunterrichts öffentlich deutlich: Religionslehrkräfte sind die Fachleute für den interreligiösen Dialog, weil sie als Experten für den religiösen Dialog über das erforderliche Wissen und zugleich über die erforderliche Praxis verfügen.
Bei manchen der Prominenten scheint sich zwischen der geäußerten Überzeugung und der Lebensführung eine Kluft zu öffnen. Dürfen solche Menschen als Vorbilder herangezogen werden? Man möchte fast sagen: Wäre das der Maßstab, dürfte sich kaum ein Christ zu seinem Glauben bekennen. Jugendliche können an diesen Zeugnissen erkennen, dass das Christentum Menschen fasziniert, weil es ihnen neue Perspektiven und Wege eröffnet und sie nicht auf ihre Schwächen, Fehler und Versagen reduziert.
In den Bekenntnissen Prominenter mischen sich oftmals Lebenserfahrungen und theologisch mehr oder weniger reflektiertes Wissen zu einem festen Gewebe von Überzeugungen. Man darf von zumeist theologischen Laien daher nicht erwarten, dass ihre Äußerungen immer dogmatisch korrekt formuliert sind. Gerade deshalb ist es religionspädagogisch gerechtfertigt, ihre Aussagen im Religionsunterricht zu nutzen:
- Junge Menschen verstehen religiöse Aussagen leichter, wenn sie deren biographischen Bezüge und so deren Funktion im Leben erkennen können.
- Schülerinnen und Schülern erschließt sich, dass religiöse Vorstellungen fundamentaler Teil der sich entfaltenden Lebensgeschichte und nicht allein der Kindheit sind.
- Unterschiedliche Perspektiven fordern zur produktiven Begegnung mit den Aussagen von Bibel und Kirche auf, die den Schülerinnen und Schülern nun als lebendige Glaubenszeugnisse verstehbar werden.
Die von Markus Kosian vorgelegte Sammlung der Gedanken Prominenter zu ihrem Glauben ist für den Religionsunterricht vor allem aus zwei Gründen geeignet. Einerseits liegen die Aussagen in prägnanter und zugespitzter Form vor, so dass sie leicht nutzbar sind. Andererseits bietet die Auswahl ein breites Spektrum von Aussagen, so dass nicht nur vielfältige Zugänge zum Christentum sichtbar werden, sondern auch, dass es Schülerinnen und Schülern ermöglicht wird, zu vergleichen, abzuwägen und zu entscheiden. Sie können aktiv und selbständig ihre Meinung bilden und in der Praxis bewähren. Das fördert ihre religiöse Urteilsfähigkeit und Entscheidungskraft, so dass sie einen sicheren Zugang zum Glauben und zum Christentum gewinnen können.
Herrn Markus Kosian gebührt großer Dank. Er hat neben seinen schulischen Verpflichtungen mit Feuereifer die Veröffentlichung seiner Ausstellung in Buchform vorangetrieben und mit Enthusiasmus sowie großem persönlichen Einsatz alle wesentlichen Organisations- und Redaktionsarbeiten durchgeführt. Mit Fug und Recht darf hier gesagt werden, dass das Werk den Meister lobt. Im Namen aller, die diesen Ordner nutzen, sage ich ihm ein herzliches Vergelt’s Gott.
Dr. Ferdinand Herget
(wiss. Referent am RPZ Bayern)