Jedes Schuljahr bearbeitet die Abschlussklasse der Auszubildenden zu Tourismuskaufleuten der Mathias-von-Flurl-Schule Schule ein Projektthema. Innerhalb von 5 Wochen wird dabei aus einer Idee Realität. Dieses Mal stand die Arbeit unter dem Titel „Nachhaltig Reisen in Corona-Zeiten”.
Reisende auf der ganzen Welt legen immer mehr Wert darauf, ihre Reiseziele nachhaltig zu erreichen und den Aufenthalt vor Ort bewusst und umweltschonend zu genießen. Mit „grünen Verkehrsmitteln” regionale Besonderheiten kennenlernen, bewusst nachhaltige Anbieter auswählen, die Lebensweise der Bevölkerung vor Ort respektieren und von der eigenen Reise profitieren lassen, also den gesamten Reiseprozess zu überdenken und nachhaltig zu gestalten. Genauso wollte man auch dieses Projekt angehen.
Mit der Bekanntgabe des Projektthemas stellten sich die Schüler der Flurl-Berufsschule sofort etliche Fragen wie wohin kann man in der Corona-Zeit mit einer Gruppe von 24 Personen problemlos reisen, wenn zwar der große Teil der Schüler und Schülerinnen ausreichend geimpft ist, aber auch einige Teilnehmer ungeimpft sind bzw. während der Reise der Genesenen-Status abläuft? Und: Die Kosten für die Schülerinnen und Schüler im Rahmen bleiben, da die bescheidene Ausbildungsvergütung berücksichtigt werden muss? Welche Reiseleistungen buchen, wenn diese bei einem kurzfristigen Reiseverbot aus Pandemiegründen kostenfrei stornierbar sein müssen? Da Reisen bekanntlich in den letzten 2 Jahren generell mehr Planung und möglicherweise Flexibilität vor Ort benötigt, einigte sich die Gruppe auf eine Studienfahrt innerhalb Deutschlands. Die attraktive Metropole Hamburg mit der nahegelegenen Nordsee- und Ostseeküste empfand jedoch kein Teilnehmer nur als Kompromiss. Die Stadt an der Elbe gehört mit seinen Musicals seit vielen Jahren zu den wichtigsten Städtereisezielen in Europa. Die Nord- und Ostseeküste sind zusammen mit Bayern die wichtigsten Reiseziele innerhalb Deutschlands, und gerade durch die Coronapandemie hat die Nachfrage nach Deutschlands Küsten enorm zugenommen.
Vor der Fahrt haben in diesem Fall die beiden betreuenden Lehrkräfte der kaufmännischen Berufsschule, Daniela Maierhofer und Stefan Zellmeier, eine umfangreiche Arbeitsphase gesetzt. In nur einigen Stunden der 4 zeitlich zur Verfügung stehenden Schulblockwochen galt es, die 5-tägige Fahrt zu planen und zu organisieren. Da die Projektarbeit als Teilzeitprojekt organisiert ist, hatten die Schülerinnen und Schüler nebenbei auch noch weiteren Fachunterricht, viele Leistungsnachweise zu erbringen und Fachreferate zu halten sowie natürlich zwischen den Schulwochen in ihren Ausbildungsbetrieben die täglichen Aufgaben zu erfüllen. Um diese vielfältigen Herausforderungen zu meistern, spezialisierten sich die angehenden Tourismuskaufleute in verschiedenen Teams jeweils auf einen Reisetag, für den sie die Vorbereitung als auch die Durchführung als Reiseleitung vor Ort übernahmen.
Ziel des Projektunterrichts ist es, die verschiedenen Methoden des Projektmanagements nicht nur kennen zu lernen, sondern auch anzuwenden. Die Schülerinnen und Schüler setzten Kreativitätstechniken ein, definierten Projektziele und überprüften diese auf Chancen, Risiken und Realisierbarkeit. Gemeinsam erstellten die Schülerinnen und Schüler einen Projektsteckbrief, bildeten anschließend Projektteams, gliederten die Aufgaben nach einem Projektstrukturplan, griffen auf Mittel der Konfliktlösung zurück und überprüften durch Soll-Ist-Vergleiche den Arbeitsstand mit den Projektzielen. Zum Abschluss erstellte jeder Teilnehmer ein Portfolio und die gesamte Gruppe führte eine Abschlusspräsentation durch.
Pünktlich am 8. November waren alle Aufgaben erledigt und die Fahrt konnte beginnen. Früh morgens starteten die Reiseteilnehmer mit dem Zug von Straubing nach Hamburg. Die Anreise verlief reibungslos und die Passagiere waren überrascht, wie schnell und bequem eine 6-stündige ICE-Fahrt geschafft ist. Die bessere Alternative zur Fluganreise! Vom Hauptbahnhof waren es nur wenige Gehminuten zur Unterkunft, die nach der Zugfahrt für alle als willkommene Abwechslung eingestuft wurden. Die gewählte Unterkunft, das a&o Hamburg Hauptbahnhof bietet nicht nur vernünftige Leistungen zu guten Preisen, sondern hat sich auch der Nachhaltigkeit verschrieben. Seit vielen Jahren leistet das Unternehmen durch sein Konzept „a&ogreen” einen Beitrag zum Umweltschutz. Der gesamte Prozess während des Aufenthalts ist darauf ausgerichtet, Energie und Wasser zu sparen, CO2 zu reduzieren, Müll und Plastik zu vermeiden bzw. zu trennen. Dieses Konzept ist der Beweis, dass nachhaltig Reisen nicht unbedingt teuer sein muss.
Die Touristiker nutzten die verbleibende Zeit am ersten Tag für eine informative Hotelbesichtigung. Bei echtem Schietwetter ging es zu Fuß in die Hafencity. Das Hotel „The Westin Hamburg” überzeugt mit seiner attraktiven Lage im Gebäude der Elbphilharmonie und mit einem atemberaubenden Ausblick über den berühmten Hamburger Hafen. „Nichts für den kleinen Azubi-Geldbeutel”, da waren sich alle einig. „aber was noch nicht ist, kann ja noch werden!” Anschließend ließ die Gruppe den Tag gemeinsam im ältesten Speiselokal auf der Reeperbahn mit gemütlich-maritimer Atmosphäre ausklingen. Die „Hamburg CARD Green” leistete bereits am ersten Tag gute Dienste und ermöglichte für die Heimfahrt die kostenlose Benutzung der öffentlichen Verkehrsmittel in der Stadt.
Mit Sonnenschein begrüßte Hamburg die Straubinger am folgenden Tag. Die Reisenden nutzten erneut den Zug und erreichten nach ca. 45 min die Hansestadt Lübeck. Bei einer Schnitzeljagd (zu Fuß!!!) lernten die Teilnehmer in Kleingruppen die Altstadt mit ihren rund 1800 denkmalgeschützten Gebäuden kennen. Sie besuchten zudem das berühmte Holsten Tor und das bekannte Marzipanhaus Niederegger. Die Schüler nutzten bei ihrem Spaziergang durch die Stadt die neuen Medien und lieferten sich so eine interne Challenge. In einem historischen Gewölbekeller stärkte man sich anschließend bei regionalen Kartoffel- und Fischspeisen. Wieder erholt wollte sich niemand den Abstecher mit der Bahn an die nahegelegene Ostseeküste nehmen lassen. Das lohnte sich, denn den beeindruckenden Sonnenuntergang beobachteten die Teilnehmer auf der Seebrücke im Ostseeheilbad Scharbeutz. Fazit des Tages – Ziel erreicht! Mit öffentlichen Verkehrsmitteln preisgünstig und zu Fuß den Tagesausflug durchgeführt und die Ostseeküste als erlebenswerten Teil Deutschlands kennengelernt.
Tag 3 stand unter dem Motto “nachhaltig und preisgünstig Hamburg kennen lernen.” Eine Hop-On-Hop-Off Tour durch Hamburg, so lautete der Plan. Mit den bekannten roten Doppeldecker Bussen verschafften sich die Touristiker neben dem Jungfernstieg, dem Rathausplatz, einem Aufstieg auf den „Michel” sowie einer Hafenfährfahrt einen tollen Überblick über die Stadt an der Elbe. Das Highlight des Tages, für manche war es auch der Höhepunkt der gesamten Fahrt, bildete abends der Besuch des Musicals „Wicked”. Der Musical-Welterfolg mit Glinda & Elphaba beeindruckte das Publikum und damit auch uns im Stage Theater Neue Flora.
Auch am nächsten Tag nutzte die Reisegruppe erneut den Zug und gelangte damit an die Nordseeküste nach Cuxhaven. Vor Ort war eine Wattwanderung mit einer netten Wattführerin organisiert. Jeder erhielt zunächst bunte Gummistiefel und falls benötigt auch Regenjacken, um das Watt hautnah erleben zu können und dem Wetter zu trotzen. Unsere Wattführerin informierte uns kompetent und anschaulich über die Eigenheiten des Nationalparks. Neben Ebbe und Flut, den berühmten Wattwürmern und der rauen Seeluft durften auch einige mutige Teilnehmer stilvoll eine fangfrische Auster schlürfen.
Der letzte Reisetag wurde mit einer weiteren Hotelbesichtigung im Ameron Hamburg Hotel Speicherstadt eingeläutet. Tradition und Moderne, Geschichte und Gegenwart treffen hier auf einzigartige Weise aufeinander. Bevor die Rückreise per Zug gemeinsam angetreten wurde, blieb noch etwas Zeit in der Stadt für individuelle Schwerpunkte. Manche gruselten sich im Dungeon Hamburg, einige genossen die Köstlichkeiten im Schokomuseum und andere nutzen die Zeit für einen Spaziergang am Hafen oder im Planten un Blomen.
Sichtlich zufrieden und auch etwas erschöpft von unserer erlebnisreichen, bewusst-nachhaltigen Reise in den Norden Deutschlands beendeten wir alle wohlauf die Fahrt in Straubing.
Resultierend stellten die reisenden Berufsschüler fest, dass es manchmal Kleinigkeiten bzw. Verhaltensweisen sind, die jeder Teilnehmer beachten kann, um wirklich nachhaltig zu handeln. Beispielsweise kann die bewusste Nutzung von Handtüchern den Energieaufwand der Unterkunft erheblich vermindern. Das Essen von regionalen Speisen macht Spaß, weil man Neues kennenlernt und überrascht ist, wie Vielfältig die Kulinarik eines Zielgebiets ist. Und nicht zuletzt, wie unkompliziert die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel sein kann.